Zähne knirschen
Kinder lernen viel mehr und viel leichter von anderen Kindern als sie jemals von Erwachsenen lernen können. Sie beobachten das Verhalten der Gruppe genau, in der sie sich befinden und passen ihre Reaktionen geschmeidig an die unausgesprochenen Regeln an. Das zu erleben ist für Eltern nicht immer einfach. So erfüllt es elterliche Herzen mit wenig Begeisterung, wenn der Sohn freudestrahlend mit der Mitteilung aus der Schule kommt, in Englisch endlich eine 4 geschrieben zu haben, denn das verhindere als von allen gemobbter Streber abgestempelt zu werden.
Eltern und besonders Mütter sind auch wenig begeistert, wenn sie Zeuge beanstandungswürdigen Verhaltens in Gruppen werden. Wenn z.B. in der Pause eines Fußballsspieles der D-Jugend eine Mineralwasserflasche kreist und dem eigenen Kind, dass in der Mannschaft eher eine untergeordnete Rolle einnimmt, konsequent vorenthalten wird, dann heißt es für die zuschauende Mutter, alle Kräfte aufzubieten und sich zurückzuhalten, sich nicht einzumischen. Einmischung verschlimmert in solchen Momenten die Situation des betroffenen Kindes, weil es nun zu all den Problemen, die bereits da sind, auch noch den Stempel „Muttersöhnchen“ verpasst bekommt. Für heranwachsende Jugendliche eine fruchtbare Bezeichnung. Es ist auch nicht von Erfolg gekrönt, das eigene Kind unmittelbar nach Abschluss des Fußballspieles auf das Verhalten der Anderen anzusprechen. Großwerden heißt auch, sich unter Gleichaltrigen zu behauten, heißt seine eigenen Wege und Methoden zu finden, sch Gehör zu verschaffen. Manche Kinder tun das lautstark und energisch, andere eher still und zaghaft.
Eltern haben an dieser Stelle zu lernen, dass es erstens unterschiedlich viel Zeit braucht, bis die eigene Methode gefunden wurde und dass sich diese eigene Methode des Kindes eklatant von der der Eltern unterscheiden kann. Das gilt besonders für die Mütter und Väter, die ihre eigenen Interessen deutlich und lautstark in die Welt tragen. Diese Eltern sind gut beraten, hin und wieder auf ihre Kinder zu hören, die ihnen so manches Mal sagen: „Halt dich da raus“. Sich raus zu halten bedeutet in erster Linie Vertrauen zu haben, Vertrauen in die Tatsache, dass jeder Mensch die Lösung seiner Probleme in sich trägt, dass er manchmal nur Hilfe benötigt, um sie ans Tageslicht zu holen. Hilfe der Eltern kann darin bestehen, das Kind gut zu beobachten, Klarheit über seine Fähigkeiten und Möglichkeiten zu gewinnen und dem Kind immer wieder Gelegenheit zu geben, Erfolgserlebnisse ein zu sammeln. Je schwächer die Fähigkeiten des Kindes sind, umso wichtig ist es, Situationen zu schaffen, in denen es dem Kind gelingt auch mit diesen geringen Möglichkeiten, erfolgreich zu sein. Das fängt z.B. mit der Hilfe beim Tisch decken an und endet unter Umständen irgendwann einmal damit, dass das Kind alleine ein Essen kocht. Das fängt damit an, ihm den Schulweg allein zuzutrauen und es nicht überall hin mit dem Auto zu fahren. Wie hilflos und inkompetent müssen sich Kinder und Jugendliche fühlen, deren Eltern einerseits verkünden: „Das kannst du noch nicht“ und andererseits Dinge erledigen, die die Heranwachsenden genauso gut selbst erledigen könnten. Ein wunderbares Beispiel hiefür sind Mütter, die einerseits über die Unordnung im Kinderzimmer schimpfen, andererseits aber immer wieder bereit sind, dort aufzuräumen und vor allem beim morgendlichen Suchen, der erforderlichen Schulhefte helfen. Ein bestimmtes Verhalten, erzeugt Konsequenzen, diese Konsequenzen gilt es für Kinder zu erspüren. In diesem Fall wirkt es manchmal Wunder, wenn das Kind ohne Hefte in die Schule gehen muss, weil es sie selbst nicht wieder gefunden hat.
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